Wenn wir neue Menschen kennenlernen, bilden wir uns innerhalb weniger Sekunden eine Meinung über sie. Andersherum werden wir genauso schnell eingeschätzt. Aber was genau entscheidet darüber, ob uns eine Person mag oder nicht?
Mit dieser Frage beschäftigt sich die Harvard-Psychologin Amy Cuddy bereits seit vielen Jahren. Sie fand heraus, dass Menschen bei einem ersten Treffen – unterbewusst und blitzschnell – ‚abchecken‘:
1. Kann ich dieser Person vertrauen? (Besitzt sie/er Wärme & Empathie?)
2. Kann ich diese Person respektieren? (Ist er/sie inhaltlich kompetent?)
Und zwar in dieser Reihenfolge. Nun glauben die meisten Menschen, im Beruf spiele die Kompetenz die größere Rolle. Einem selbst geht es ja darum, die eigene Expertise unter Beweis zu stellen. Aber das ist nur das, was uns bewusst wird; unterbewusst ist die Wärme entscheidend. Prof. Cuddy erklärt das so: Vom evolutionären Standpunkt aus ist es für das Überleben zunächst essentiell zu wissen, ob eine Person unser Vertrauen verdient. Denn als wir alle noch in Höhlen hausten, war es viel wichtiger, ob das Gegenüber uns umbringen und unsere Besitztümer stehlen wird oder nicht. Ein gutes Feuer machen zu können war eher zweitrangig.
Kompetenz wird zwar in unserer heutigen Gesellschaft sehr geschätzt, kommt aber erst dann ins Spiel, wenn das Vertrauen bereits grundgelegt ist.
Die Expertin spricht damit vor allem Berufsanfänger an, die natürlich gern klug und professionell wirken wollen. Das kann allerdings dazu führen, dass sie 1. Zu selten um Hilfe bitten, 2. Einladungen zu After-Work-Aktivitäten generell ablehnen. Und dadurch unnahbar erscheinen. So dass sie nach einem Praktikum den ersehnten Job nicht bekommen, weil niemand sie richtig kennt bzw. ihnen vertraut. „Wenn ihr versucht, jemanden zu beeinflussen, der euch nicht vertraut, werdet ihr es nicht weit bringen. Wahrscheinlich erregt ihr damit sogar Argwohn und werdet als manipulativ eingestuft“, sagt Cuddy. „Nur eine warme, vertrauenswürdige Person, die auch stark und kompetent ist, wird bewundert. Allerdings muss dafür zuerst die Vertrauensbasis geschaffen sein. Denn nur dann wird die Stärke zu etwas Positivem und nicht zu einer Bedrohung.“
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